Papieri People

Thomas Aebischer und Patrick Röösli

Umgang mit dem historischen Erbe

Ehemalige Papiermaschinenhallen, die alte Lokremise, einstige Lagerhallen, eine Fläche von rund 11 Hektaren: Auf dem Papieri-Areal entstehen nicht nur Neubauten, sondern in ehemaligen Industriegebäuden auch neue Nutzungsflächen. Alt und neu geben sich an diesem Ort die Hand. Patrick Röösli leistet als Architekt einen wichtigen Beitrag dazu. Er war mit seinem Team für die Totalsanierung der Lokremise verantwortlich und gestaltete auch den Büro-Neubau «Zentrallager», welcher zur Zeit realisiert wird.

Erst im letzten September öffnete Thomas Aebischer als CEO der Cham Group anlässlich des Pre-Openings offiziell die Tore zum neuen Quartier. Er führt das Papieri-Team der Cham Group, welches neben der Areal-Entwicklung und dessen Realisierung immer mehr auch für den Betrieb und die Bewirtschaftung des neuen Quartiers verantwortlich ist. Dabei wird grossen Wert auf den Umgang mit dem historischen Erbe gelegt.  

Seit knapp einem halben Jahr ist es die Aufgabe von Thomas Aebischer, als CEO der Cham Group mit einem rund 20-köpfigen Team dafür zu sorgen, dass auf dem Papieri-Areal ein attraktives Quartier entsteht. Eben erst öffnete das Quartier seine Tore für die Bevölkerung. Die ersten Bewohnenden sind in ihr neues Zuhause eingezogen. Gewerbetreibende arbeiten bereits in ihren Ateliers oder sind daran, ihren Firmensitz auf einer der Gewerbeflächen in den Erdgeschossen der ersten Bauetappe einzurichten. Die erste Bauetappe ist nahezu abgeschlossen, die zweite mitten in der Realisierung, die dritte in Planung, während das Bewirtschaftungsteam alle Hände voll mit Wohnungsübergaben zu tun hat.

Teil der ersten Bauetappe war auch die Totalsanierung und Umnutzung der denkmalgeschützten Lokremise. Wo früher das Papieri-Bähnli parkte, sollten Büro- und Gewerberäume entstehen. Der Zuger Architekt Patrick Röösli – mit Erfahrung im Umgang mit geschützten Objekten – erhielt diesen Auftrag. Von Anfang an war ihm und seinem Team bewusst, dass dies die einzige Lokremise sein dürfte, die sie in ihrem Berufsleben je sanieren und in eine andere Nutzung überführen konnten. Deshalb oblag diesem Auftrag ein besonderer Reiz.

«Ein besonderer Reiz war die Integration der industriellen Vergangenheit und die Überführung der überhohen Halle, der Kranbahn, des Prellbocks und der Schienen in die neue Nutzung».

Patrick Röösli

Neben der überhohen Halle galt es weitere Spuren der industriellen Vergangenheit zu erhalten: Kranbahn, Prellbock und Schienen waren drei Hauptmerkmale, die es sinnvoll zu integrieren galt. Dass der Bau aus dem Jahr 1928 damals einfach und kostengünstig erfolgt war und weder Erdbebenschutzmassnahmen noch Wärmedämmungen aufwies, waren zusätzliche Herausforderungen bei der Umfunktionierung in ein leistungsfähiges Gewerbegebäude nach heutiger Norm.

Die Gratwanderung war Röösli und seinem Team gelungen. Die ehemaligen Geleise führen noch erkennbar in das sanierte Gebäude und dort direkt ins Sitzungszimmer, wo sie beim ehemaligen Prellbock enden. Der industrielle Charme zeichnet dieses Gebäude aus. Kein Wunder, dass es kurz nach seiner Fertigstellung anfangs 2021 vom neuen Nutzer bereits bezogen wurde.

Thomas Aebischer und Patrick Röösli vor der sanierten Lokremise.

Neben der Lokremise befinden sich verschiedene weitere Zeitzeugen mit historischer Substanz auf dem Areal. So wird das geschichtliche Erbe aufgenommen und in die Zukunft geführt.

«Die Bauherrschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst und legt bei der Entwicklung des Areals grossen Wert auf die Erhaltung historischer Bausubstanz.»

Thomas Aebischer

«Die tiefe Verankerung der einstigen Papierfabrik ist in der Bevölkerung stark spürbar. Dass jede und jeder jemanden kennt, der dort gearbeitet hatte, gibt dem ehemaligen Fabrikareal einen unheimlich grossen Stellenwert. Diesen Spirit möchten wir auf dem Areal weiterführen», erklärt Thomas Aebischer. So auch das Kesselhaus – der sogenannte Leuchtturm und das Wahrzeichen auf dem Areal: Früher die Drehscheibe der Energieversorgung der Fabrik, wird das Kesselhaus künftig zum neuen Mittelpunkt mit Gastronomie- und Eventnutzung. Aber auch die ehemaligen Papiermaschinenhallen, wo einzigartige Loft-Wohnungen und -Ateliers sowie Gewerberäume entstehen, unterstreichen mit ihren historischen Mauern den Charakter und das «Gewisse Etwas» des Areals.

Die Kombination aus alt und neu, der industrielle Charme und die Nähe zum Wasser sind für viele, die hierherkommen, ein wichtiger Aspekt, hier leben und arbeiten zu wollen. Die Nähe zum See, die zentrale Lage der Gemeinde Cham – die seit diesem Jahr das Rating der Schweizer Gemeinden anführt – und die gute Erreichbarkeit von Zürich und Luzern unterstützen dies. 

Thomas Aebischer legt als CEO der Bauherrschaft grossen Wert auf die Erhaltung des historischen Erbes.

Neben der Lokremise trägt auch der Ersatzneubau des Zentrallagers die Handschrift des Architekturbüros Röösli. Im Gegensatz zur Lokremise geht es hier darum, eine sogenannte «Zahnlücke» in der Werkstattgasse – direkt am Fluss – zu füllen. Wo früher eine Lagerhalle stand, klafft heute eine Baugrube zwischen dem bereits sanierten Werkstattgebäude und dem ehemaligen Eisenmagazin. Visavis der Lorze stehen die denkmalgeschützten ehemaligen Papiermaschinenhallen. «Es geht darum, im Rahmen einer «Neubausprache» die Tonalität der Papieri aufzunehmen, das heisst städtebaulich und gestalterisch auf die historische Substanz rund um den Ersatzbau Rücksicht zu nehmen», erklärt der Architekt.

Auch wenn es sich hier um einen Neubau handelt, wird im Sinne des historischen Erbes darauf geachtet, mit Materialien zu arbeiten, die bereits in den historischen Objekten verbaut wurden. Glücklicherweise handelt es sich dabei um Kalksandstein, der flexibel eingesetzt werden kann und in Standardproduktion beliebig verfügbar ist. Kalksandstein spannt hier einen Bogen zwischen der industriellen Geschichte und dem modernen Gewerbeobjekt und integriert das Gebäude durch seine Optik mit ausgeklapptem Vordach und Tiefenwirkung in der Fassade harmonisch ins umliegende Gebäudegefüge.

«Es geht darum, im Rahmen einer «Neubausprache» die Tonalität der Papieri aufzunehmen, das heisst, städtebaulich und gestalterisch auf die historische Substanz rund um den Ersatzbau Rücksicht zu nehmen.»

Patrick Röösli

Bei einem Neubau hat der Architekt mehr Freiheit und Spielraum bei der Ausgestaltung von Räumen in deren Höhe und Breite. Es ist so einfacher, die Ansprüche der heutigen Technik unterzubringen. Das Zentrallager ist jedoch kein Neubau im klassischen Sinn. Röösli dockt das Gebäude an das bestehende Treppenhaus des Nachbargebäudes an. Die Konstruktion dieses Treppenhauses wurde genau aufgenommen und der Neubau darauf aufgebaut. Dass man beim Haupteingang eigentlich das Werkstattgebäude und damit ein Stück der industriellen Geschichte betritt und erst danach ins Zentrallager gelangt, sollen zusätzliche Farbaspekte noch betonen. Aufgrund der bestehenden Gegebenheiten ist zudem ein Lift geplant, damit der oder die zukünftigen Mieter in jedem Stockwerk einen direkten Liftanschluss zu ihrer Homebase haben.

Das künftige Bürogebäude an der Stelle des ehemaligen Zentrallagers direkt am Wasser integriert sich in die historisch geprägte Umgebung.
Die flexibe Konstruktion ermöglicht eine individuelle Raumgestaltung.

Nüchtern betrachtet entspricht das Gebäude einer länglichen Halle, welche grosses Potential und viel Flexibilität birgt. Die längsseitig angeordneten Fensterreihen durchfluten die Räume mit Licht. Die quadratisch angeordneten Stützen in der Grundrissmitte geben den künftigen Mietern eine enorme Gestaltungsfreiheit, die Räume nach ihren Bedürfnissen individuell zu gestalten.

«Unsere Gebäude sollen interessant sein für verschiedene Stakeholder. Nicht nur für künftige Mieter, auch für Investoren ist eine Flexibilität der Räume ausserordentlich wichtig.»

Thomas Aebischer

«Deshalb legen wir Wert auf eine offene Raumgestaltung mit viel Handlungsspielraum für künftige Firmensitze. Auch dass es mit der Zeit wieder anpassbar ist, ist ein wichtiger Aspekt», betont Aebischer weiter. Die Räume des neuen Zentrallagers lassen vieles zu: Von einem einzigen Mieter, der sich in allen drei Etagen einmietet, bis zu mehreren Mietern mit geschossweisen Mietverhältnissen. «Es lassen sich Grossraumbüros oder zahlreiche kleinere Einzelbüros einrichten, Meeting Rooms oder Teeküchen beliebig realisieren. Der Mieter ist in der Ausgestaltung frei, was für ihn – aber auch für uns als Vermieterin – wichtig ist», betont der CEO.

Zudem haben diese Büro- und Gewerbeflächen eine äusserst charmante Lage direkt am Fluss. Der Blick aus dem Fenster zeigt auch das schmucke Flusskraftwerk, welches 50% des auf dem Areal benötigten Stroms produziert.  Eine innovative Ausstrahlung mit historischem Hintergrund in malerischer Umgebung macht diese Räume zu einer Perle mit einzigartiger Atmosphäre. Röösli erzählt, dass sich im 17. Jahrhundert der Wasserspiegel des Zugersees infolge Sprengungen im Lorzenbett zwischen der Bärenbrücke und genau dieser Stelle um rund 1.3 Meter absenkte. «Glücklicherweise war es nicht mehr, sonst wäre hier eine Stromproduktion mit Wasserkraft nicht mehr möglich», schmunzelt Aebischer.

«Ich freue mich sehr auf den Moment, bis das Areal vollständig belebt ist und nicht nur Menschen hier leben und werktätig sind, sondern auch die Chamer Bevölkerung Zugang auf das Areal findet. Denn ohne sie wäre es nicht zur Annahme des Bebauungsplans gekommen. Als Kantonsrat und Vizepräsident des Bauforums Zug setze ich mich auch persönlich für eine qualitätsvolle Entwicklung und Verdichtung in Siedlungsgebieten ein. Als Architekt bin ich stolz, dass ich mit der Lokremise und dem Zentrallager zwei wichtige Beiträge an die Arealentwicklung beitragen durfte. So wie die einen Briefmarken, sammle ich schönen Bauten, die ich planen durfte,» meint Patrick Röösli.

«Wir haben es geschafft, diesen Ort so attraktiv zu gestalten, dass Menschen hier leben und Gewerbetreibende auf dem Papieri-Areal ihr Geschäft aufbauen wollen – nicht zuletzt durch einen geschickten Umgang mit historischen Bauten für neue Nutzungen. Wir werden die Qualität auch für die kommenden Bauetappen hochhalten, so wie wir es in der ersten Etappe bewiesen haben», ergänzt Thomas Aebischer.

Am meisten freuen sich aber beide auf ein ausgedehntes Dinner mit Freunden in neuem Kesselhaus beim Gaumenschmaus in einmaliger Atmosphäre und mit anschliessendem Schlummertrunk in einer hoffentlich ebenfalls entstehenden Bar – vielleicht sogar mit Blick auf den See.

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Die Interviewpartner Aebischer und Röösli freuen sich auf ein Dinner im Kesselhaus, wenn der gastronomische Leuchtturm fertiggestellt ist.

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